Ignoranz kaum noch zu überbieten

Leserbrief zum Artikel: „Keine Resolution gegen den Zukunftsrat“, PNP F/GA vom 16.02.2011:

Ist die Ignoranz und Selbstherrlichkeit noch zu überbieten?

Der interessierte Leser ist von der Berichterstattung der Stadtratsitzung nicht nur überrascht, sondern vielmehr steigt in ihm die Verbitterung über einen großen Teil unserer aktuellen Gemeindevertreter. Es ist festzustellen, dass die Bayerische Staatsregierung und der von ihr einberufene „Zukunftsrat Bayern“, eine Ansammlung von Bossen und Sanierern aus der Wirtschaft, u.a. die Region Bayerischer Wald und Passau als zukünftig nicht mehr „förderungswürdiges“ Anhängsel bezeichnen haben. Eigentlich hätten diese Aussagen zu einem Aufschrei in der gesamten Region führen müssen. Man hätte erwartet, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger, aber insbesondere alle Verantwortlichen zusammenschließen und sich gegen diese Diskriminierung lautstark wehren.

 

Was macht der Stadtrat Freyung? Die Mitglieder der staatstragenden Partei und deren Mitläufer ereifern sich an einem offenbar wohlüberlegten Resolutionstext der ungeliebten Opposition. Es gibt ja in Freyung nur ein gemeinsames Miteinander oder gar nichts. Der 1. Bürgermeister muss natürlich als „besonders zu entwickelndes Parteimitglied“ die Feststellung treffen, dass insgesamt vier Sätze des vorgelegten Textes grundfalsch seien. Das verlangt ja die Partei sicher in ihren internen Verlautbarungen. Nachdem der Textvorschlag in der PNP abgedruckt war und nur sieben Sätze umfasst, kann der Leser die grundfalschen Texte nicht erkennen – oder war der Text eventuell länger?

Wie nervös die Mitglieder der Staatsregierung und die Mehrheitspartei sind, zeigen die teils unüberlegten und hektischen Aktionen in der ganzen Region. Selbst ein längst im Ruhestand befindlicher Journalist und Botschafter der Region wird dazu eingespannt. Beim Besuch des Herrn Ministerpräsidenten in Passau gab es trotz des ausgewählten Publikums einige sehr heftige Wortmeldungen.

Das ein großer Teil des Zukunftsgutachtens gute Ideen und Forderungen beinhalten, ist nicht zu bestreiten. Der 2. Bürgermeister sah sich aber verpflichtet im Namen der Fraktion nur die Vorzüge darzustellen. Auf die unsere Region betreffenden Aussagen ist er überhaupt nicht eingegangen. Diese Passagen stellen aber eine Ohrfeige für uns alle dar. Vielmehr entschuldigte er das Bekanntwerden mit Indiskretionen in der Partei – beim Zukunftsrat – in der Staatskanzlei. Gut dass es diese Indiskretionen gibt, damit die Bevölkerung endlich einmal erfährt, was die Regierenden und Wirtschaftsbosse von unserer Region schon immer denken, es bisher nur keiner laut gesagt hat. Aber selbst dies wird mit einer nicht zu übertreffenden Selbstherrlichkeit noch als positiv dargestellt.

 

Der Höhepunkt der Politikeraussagen im Stadtrat kam aber dann noch vom 3. Bürgermeister. Aktivitäten für die Region schaden dem Bürgermeister um weitere Förderungen nach Freyung zu holen, war offensichtlich der Inhalt seiner Aussagen. Sind wir wirklich schon ein „Bananenstaat“, der nur diejenigen unterstützt, die Linientreu, Unterwürfig, Jasager oder der Staatspartei angehören? Dies wird die immer mehr werdenden, nicht der CSU angehörenden, Bürgermeister aufschrecken. Ist der stellvertretende Bürgermeister wirklich so naiv diese Aussagen auch noch öffentlich wiederzugeben? Die Regierung von Niederbayern wird sich über solche Besonderheiten in Freyung sicher freuen.

 

Als Beispiel für die Förderung der Region ist z.B. der „Aufbruch Bayern“. Was wird in der Region gefördert? Der Neubau des Polizeigebäudes in Grafenau – eine Maßnahme die der Freistaat sowieso tragen muss. Wird damit die Region gefördert?

 

Den Kommentar „Vergessene Region“ sollten sich die treuen Parteimitglieder und ihre Mitläufer einmal genauer ansehen. Reicht es noch nicht, dass wir
– in der Region bis zu 70 % Auspendler verzeichnen müssen
– ca. 85-90 Prozent aller Abiturienten Arbeit nur weit ab von der Heimat bekommen
– wir bis 2029 etwa 11 Prozent der Einwohner verlieren und dann ca. 36 Prozent weniger Kinder im Alter von 10 – 16 Jahren im Landkreis leben werden
– und …. und …

 

Freyung wird dann möglicherweise ein potemkinsches Dorf* sein, nachdem ja derzeit viel Geld in die Fassadenerneuerung geht, dahinter aber dann vielleicht Wellblechgarage oder Holzhütten stehen. Das alles für die eventuell Versprengten, die sich den „Urwald“ mit den sterbenden Orten anschauen wollen.

Man kann nur hoffen, dass die Verantwortlichen, auch in Freyung erkennen, dass unsere Region voll von Talenten ist, es große Ideen gibt und der allergrößte Teil stolz auf die Heimat ist. Aber selbst unsere eigenen Vertreter im Stadtrat diffamieren uns durch ihr Aussagen! Andere Gemeinde- und Kreisräte haben schon Beispiele für den Widerstand gegeben – darum rufe ich der Stadtratsmehrheit zu, warum springt ihr nicht über euren Schatten und kümmert euch endlich um die wirklichen Sorgen eurer Bürger?

 

 

 

Ilse Bauernfeind

94078 Freyung

Geyersberger Straße 20

 

 

 

*Wikipedia:

Als Potemkinsches Dorf (teilweise auch in der Schreibweise Potjomkinsches Dorf) wird etwas bezeichnet, das fein herausgeputzt wird, um den tatsächlichen, verheerenden Zustand zu verbergen. Oberflächlich wirkt es ausgearbeitet und beeindruckend, es fehlt ihm aber an Substanz.